Wer muss nachweisen, dass es sich bei den am Grundstück festgestellten Mängeln um unsichtbare Mängel handelt, für die der Verkäufer haftet?

Diese Frage beschäftigt immer wieder nicht nur Gerichte, sondern vor allem Anwälte. In der Regel wird die Haftung für sichtbare Mängel ausgeschlossen. Wenn der Erwerber nachträglich feststellt, dass doch Mängel vorhanden sind, die aber bei der Begehung des Geländes nicht sichtbar waren, so stellt sich die Frage, wer bei einem entsprechenden Prozess den Nachweis zu führen hat, dass diese Mängel vorgelegen haben und auf sie nicht aufmerksam gemacht worden ist.

Solche Mängel, die bei der Übergabe nicht sichtbar waren und auf die nicht aufmerksam gemacht worden ist, werden als negative Tatsachen bezeichnet. Der Käufer hat nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast die Mängel darzulegen und zu beweisen und darzulegen, dass der Verkäufer seiner zeitlichen und inhaltlichen Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist. 

Viele sind der Auffassung, dass die im Kaufvertrag zu findende Regelung, dass dem Verkäufer keine unsichtbaren Mängel bekannt seien, zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast führe, d. h. dass der Verkäufer die Darlegungs- und Beweislast hat. Dies ist, so der BGH IBR 2003 Seite 1074 nicht der Fall. Auch die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde ändert an dieser Feststellung nichts.

Es ist somit festzustellen, dass gleichgültig welche Rechtsposition man in diesem juristischen Streit vertritt, nach ständiger Rechtsprechung die Darlegungs- und Beweislast beim Käufer verbleibt. Er muss allerdings nur  und dies ist sehr wichtig im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 06.03.2020 V ZR 2/19 alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen. Er muss darlegen, dass der Käufer in räumlich, zeitlich und inhaltlicherweise nicht seine Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages nachgekommen ist.  

Essen 06.10.2020

Prof. Dr. Grieger